Übernahme der Bachpatenschaft für zwei Gewässer im Stadtwald Koblenz zum Schutz der Steinkrebse

Bachpatenschaft der OG Koblenz

Seit 01.01.2023 hat die Ortsgruppe Koblenz und Umgebung zwei Bachabschnitte als Bachpaten von Herrn Dr. Jürgen Frechen im Stadtwald Koblenz übernommen. Dieser hat sich mehr als 25 Jahre ehrenamtlich um die Pflege des Baches und den Schutz der dortigen Tiere gekümmert und uns als Nachfolger angefragt.
 
Bei den beiden Bachabschnitten gibt es eine große Besonderheit: das Vorkommen einer bisher stabilen Steinkrebspopulation. Landesweit sind nur noch zwei Vorkommen bekannt, davon eine im Stadtwald Koblenz. In weiten Teilen Deutschland ist der Steinkrebs vom Aussterben bedroht.
Entsprechend ist es für den NABU Koblenz eine besondere Herausforderung, diese beiden Bachabschnitte, die aufgrund des benötigten Schutzes nicht namentlich genannt werden, zu pflegen und zu schützen.


Was ist eine Bachpatenschaft?

Seit mehr über 30 Jahren gibt es in Rheinland-Pfalz Bachpatenschaften, die inzwischen über 2800 Kilometer Gewässer betreuen. Die Bachpatenarbeit ist ein bedeutsames Bindeglied zwischen der öffentlich-rechtlichen Gewässerunterhaltung und ehrenamtlichen Initativen vor Ort. Ziel der Bachpatenschaften ist es, den nach den Wassergesetzen verantwortlichen Unterhaltungspflichtigen dabei zu untersützten, dass Ökosystem eines Gewässer einschließlich seiner Uferbereiche in einen naturnahen Zustand zu erhalten bzw. soweit möglich, in einen natürlichen Zustand zurückzuführen.

Bachpatenschaften fördern damit die biologische Wirksamkeit der Gewässer und das öffentliche Bewusstsein für die Erhaltung intakter, naturnaher Gewässer gleichermaßen.

 

Derzeit gibt es in Rheinland-Pfalz rund 730 aktive Bachpatenschaften mit mehr als 3.000 Mitgliedern. Sie betreuen jeweils einen Abschnitt eines Baches, meist an ihrem Wohnort. Dort sorgen sie dafür, dass Unrat beseitigt wird, dass sich die Bäche wieder ihr eigenes Bett suchen dürfen und unterstützen die Gemeinden bei Renaturierungsprojekten. Koordiniert wird diese Arbeit vom Umweltministerium sowie vom Landesumweltamt im Rahmen der Aktion Blau Plus, deren Ziel es ist, natürliche und naturnahe Gewässer zu erhalten und stark veränderte Gewässer wieder in einen naturnahen Zustand zurück zu führen.

Die Wasserrahmenrichtlinie der EU verpflichte die Länder, alle Gewässer in einen guten ökologischen Zustand zu überführen. Dass dies in Rheinland-Pfalz bei 29 Prozent der Bäche, Flüsse und Seen bereits erreicht wurde, sei auch ein Verdienst der Aktion Blau Plus, so Höfken. Über 70 Prozent der Fließgewässer aber verfehlen das Ziel immer noch. Es sei also noch viel Arbeit zu leisten, die ohne die Bachpaten nicht zu schaffen sei, stellte die Ministerin heraus.


Der Steinkrebs

Der Steinkrebs ist mit knapp 12 cm Länge die kleinste europäische Flusskrebsart. Die Weibchen bleiben deutlich kleiner (ca. 8 cm). Die Scherenunterseiten sind fahl gelb grau und niemals rot gefärbt, wie beim Edelkrebs. Er hat eine einteilige Leiste über den Augen.

Lebensraum und Lebensweise: Typische Wohngewässer sind sommerkalte kleine Mittelgebirgsbäche und Gräben mit grobsteinigem Substrat. Die Wassertemperatur sollte in den Sommermonaten über 10°C liegen. Steinkrebsbestände finden sich hauptsächlich in naturnahen Wald- und Wiesenbächen in extensiv bewirtschafteten Regionen. Gelegentlich ist er mit dem Edelkrebs vergesellschaftet. Wegen seiner geringen Größe war und ist seine wirtschaftliche Bedeutung sehr gering. Die an den Schwimmbeinchen an der Unterseite des Schwanzes haftenden Eier werden vom Weibchen über den ganzen Winter getragen und gepflegt. Steinkrebse lassen sich in Teichen der Teichwirtschaft nur sehr schlecht halten und vermehren. Deshalb ist der Schutz der verbleibenden natürlichen Populationen besonders wichtig. Hierzu zählt der Erhalt der natürlichen Gewässerstruktur und der guten Wasserqualität in den Oberlaufbächen.

Nahrung: Wasserpflanzen und Algen, Insektenlarven, Kleinkrebse, Schnecken, Muscheln, Würmer, Detritus.

Gefährdung: Gewässerverschmutzung- und –verbauung. Durch die Krebspest sind die Bestände drastisch zurückgegangen und meist auf isolierte, kleinräumige Vorkommen beschränkt. Eintrag von Insektiziden, organischer Belastung und Feinsediment aus der Landwirtschaft. Einwanderung von Signalkrebsen (Neozoen).



Artenschutzprojekt: Steinkrebszucht in einer Quellteichanlage im Koblenzer Stadtwald

Im Fokus des von der EU geförderten INTERREG-Projekts „Gefährdete Tierarten“ steht auch der Schutz des Steinkrebses. Hierfür sind von deutscher Seite Prof. Dr. Ralf Schulz und Dr. Anne Schrimpf vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Landau verantwortlich. Ein Ziel des Projektes ist, Steinkrebse für die Wiederansiedlung im Pfälzerwald zu züchten. Voraussetzung ist neben der Verfügbarkeit von Elterntieren für die Vermehrung auch eine praktikable Zuchtmethode. Steinkrebse werden hierfür gefangen, und in die Teichanlage zur Verpaarung entlassen. Im Frühjahr werden die Tiere wieder aus der Teichanlage entnommen, die Eier von den Krebsschwänzen abgelöst und in einer separaten Anlage ausgebrütet. Die Elterntiere werden wieder in die entsprechenden Bachabschnitte ausgesetzt. Dieses bei Edelkrebsen erprobte Verfahren wurde nach aktuellem Kenntnisstand erstmals bei Steinkrebsen angewendet. Große Erfahrungen bringen hier der Edelkrebszüchter Helmut Jeske sowie der Umweltwissenschaftler Dr. Kai Lehmann aus Schleswig- Holstein mit, die das Ausbrüten der Steinkrebseier in ihren Brutanlagen übernehmen.